Bühnenangst – unabwendbares Schicksal oder Herausforderung zu Wachsen?
"Leben ist ein fortwährender Formungsprozess." (Stanley Keleman)
Jeder Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens Muster, mit denen er auf die Herausforderungen der Wirklichkeit reagiert. Diese Muster haben verschiedene Erscheinungsbilder, körperlich, mental, psychisch. Leben heißt, innerer Erregung und Pulsation, Vitalität und Bewegtheit eine Form zu geben. Diese Form ist muskulär. Der Mensch manifestiert jeden Augenblick den fortlaufenden Verkörperungsprozess vom Kind bis zum Erwachsenen.
Auch Stress ist eine spezifische und persönliche Organisation, mit der wir versuchen, mit Erregung umzugehen. Dabei steht Panik an einem Ende des Kontinuums an Möglichkeiten, Depression bzw. "Einfrieren" am anderen Ende.
In diesem Sinne sind Lampenfieber und Bühnenangst das Ergebnis einer körperlichen Organisation. Diese Erfahrung kann für Musiker der entscheidende Schlüssel sein, ihre Symptomatik zu verstehen und Einfluss darauf zu nehmen. Das Erleben, wie...
- das, was auf der Bühne erscheint, nur wie im Brennglas bündelt, wie ich mich auch in meinem übrigen Leben kenne
- die Bühne oft nicht mehr ist als eine "Ersatzbühne", auf der ungelöste Themen ausgetragen werden.
- negative Gedanken und Ängste das Ergebnis, nicht die Ursache meiner körperlichen Organisation sein können.
- Verspannung das Bedürfnis des Organismus nach Stabilität verkörpert.
- Herzrasen, Zittern und Schwitzen Erregung anzeigen, die geformt werden kann.
- Ehrgeiz den Bizeps und andere grobmotorischen „Kampfmuskeln“ auf den Plan ruft und meine Feinmotorik verdirbt.
- die Bewusstwerdung meiner körperlichen Muster, allgemein wie auch am Instrument, mir ermöglicht darauf Einfluss zu nehmen.
- ich mit mir selbst körperlich in Kontakt bleibe und nicht mehr so leicht überwältigt werden kann.
- eine gute Körperstütze mit einem angemessenen intraabdominalen Druck auch Atemstütze ist und die unwillkürliche Ausbreitung von Erregung verhindern hilft.
- aktiver Bodenkontakt und körperliche Spannkraft meine Feinmotorik befreit.
- eine zielgerichtete Haltung Selbstvertrauen schafft.
- eine verlässliche Technik, die Gewissheit, über Haltung und Bewegung zu verfügen, Sicherheit gibt.
- Üben als Vorbereitung für die Bühne heißt: Meine Klangvorstellung in Bewegungsvorstellungen zu übersetzen.
- ergebnisorientiertes Üben Stress verursacht, lösungsorientiertes Üben aber Klarheit verschafft.
- wo ich mit klaren Vorstellungen erfüllt bin, kein Platz für negative Gedanken ist.
- Selbstmanagement einen kompetenten und professionellen Umgang mit mir selbst und dem Instrument ermöglicht.
"In unserer Entwicklung als Musiker müssen wir lernen, disponierende und indisponierende Kräfte zu unterscheiden. Dies alles hängt mit unserer Persönlichkeit, unseren Fähigkeiten und unserem inneren Zustand zusammen. Selbstbeobachtung ist die Fähigkeit, sich selbst in Relation zu seiner Umgebung zu sehen, zu dem Nächsten, dem Publikum, dem Schüler. Durch Selbstbeobachtung entwickelt sich ein Selbstwertgefühl, wodurch man weiß, dass der Platz, den man einnimmt, der richtige ist." (G.O. van de Klashorst)